Ein Pavillon aus R-Beton

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Studierende der Hochschule München haben ein kleines Meisterwerk erschaffen. Das Besondere daran: Es ist aus Bauschutt entstanden. Und es soll viele Nachahmer finden.

Wie ein kunstvoll gestalteter Tempel aus der Antike präsentiert sich ein kleiner Pavillon auf dem riesigen Gelände der ehemaligen Bayernkaserne. Dabei ist das hübsche Bauwerk brandneu und steht für die Zukunft. Für die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche, um genau zu sein. Oder wie Kommunalreferentin Kristina Frank bei der offiziellen Einweihung am 15. Juli sagte: „Der Musterpavillon gibt dem Thema Recycling im Bausektor ein Gesicht. Er führt die Möglichkeiten vor Augen, worum es bei R-Beton geht und zeigt, was man hier in Richtung klimaneutrale Stadt tun kann.“

Studierende der Architektur und des Bauingenieurwesens bauen einen Muster-Pavillon aus Recyclingbeton. (Foto: Johanna Weber)

Seit Ende März waren etwa 40 Studierende auf der Baustelle zugange, die europaweit als Modellprojekt gefeiert wird. Bei Wind und Wetter haben die jungen Leute einen 20 Quadratmeter großen Pavillon errichtet, der aus recyceltem Beton besteht. „Bewehrungsstahl ist auch noch drin“, verrät Sonja Dietze. Sie studiert Bauingenieurwesen an der Hochschule München. Wie alle Beteiligten ist sie stolz auf das Projekt R-Betonpavillon. Allein die Zusammenarbeit mit den Architekturstudierenden sei spannend gewesen. Haben die doch manchmal eher verrückte Ideen, während der Bauingenieur in spe mehr praktikabel denkt. Daniel Martins studiert Architektur. Welche Säule sein Liebling ist, verrät er nicht, aber was ihn begeisterte: „Spannend war es auch, mit R-Beton zu arbeiten. Wir wussten anfangs nicht, wie der sich verhält und ob auch alles funktionieren wird, wie geplant“. So wie es aussieht, verhält sich der R-Beton hervorragend. Das Fundament wirkt lastwagenstabil, die vier tragenden Säulen halten selbstbewusst das Flachdach. Die restlichen Stützen könnten das auch, aber sie punkten eher durch ihren Charakter. Manche fassen sich rau an, manche richtig kuschelig. Jede Säule ist anders. Mal sind Glassplitter mit eingebaut, mal sieht man Abdrücke von Schuhen oder Kleidungsstücken, mal sind sie wild gemustert. Die Studierenden haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Geholfen haben ihnen Professoren, Sponsoren, Experten, Mitarbeiter aus der Praxis und die Stadt München. Viele Beteiligte stehen hinter dem Projekt und waren mit Know-how, Zeit, Material oder Fördergeldern mit an Bord.

Auf dem Gelände der Bayernkaserne können sich Bauträger beim Musterpavillon aus Recyclingbeton über Einsatzmöglichkeiten informieren. (Foto: Johanna Weber)

Der R-Betonpavillon ist das erste Gebäude aus rezyklierter Gesteinskörnung auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne. Viele weitere sollen folgen, ein neues Quartier mit Schulen, Wohnungen, Freizeitstätten, Parkanlagen ist hier geplant. Der R-Betonpavillon ist ein experimentelles Gebäude, ein Showroom für alle, die mitmachen wollen beim klimaneutralen Bauen. Einige sind schon dabei, immerhin. Mit dem Musterpavillon möchte man Bedenken von Bauherrn und Bauunternehmen aus der Welt schaffen. Und er soll die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten zeigen – von rau bis fein über plastisch, verspielt oder streng ist alles drin. Alle hoffen, dass er stehenbleiben darf der hübsche Pavillon und eines Tages vielleicht unter Denkmalschutz steht. „Stellen Sie sich vor“, sagt Prof. Arthur Wolfrum von der Fakultät für Architektur „wie in 200 Jahren hier einmal Menschen rätseln, was dieser Pavillon wohl für einen Zweck hatte, vielleicht einen kultischen Ort dahinter vermuten.“ Aktuell darf man hoffen, dass der R-Betonpavillon einen Ansporn liefert, wie man eine Kreislaufwirtschaft im Bausektor dauerhaft und großflächig etablieren kann.

Michael Weiss von der Firma Ettengruber, Prof. Dr. Sonja Munz, Vizepräsidentin für Forschung der Hochschule München, Kommunalreferentin Kristina Frank, Prof. Arthur Wolfrum und Prof. Andrea Kustermann von der Hochschule München (vordere Reihe von li. nach re.) feierten die Eröffnung mit. (Foto: Johanna Weber)

Carolin Fried

MINT-Redaktion